Ökumene und Spiritualität
Im November 2001 wurde Vassula zu einem offiziellen Symposium über Ökumene nach Farfa, einem Ort ausserhalb Roms, eingeladen. Die Tagung wurde von den Schwestern von Hl. Birgitta abgehalten. Vassula sollte das Thema Einheit vom Standpunkt und aus der Sicht eines Laien darstellen. Jeder Teilnehmer musste für eine Stunde sprechen, gefolgt von einer Debatte mit Fragen. Das ganze Komitee bestand aus Katholiken und Lutheranern. Der katholische Bischof von Schweden war dort, wie auch viele Theologie-Professoren und Monsignores und anderer Klerus. Das Vier-Tage-Symposium hatte viele Redner, von denen alle mit Ausnahme von Vassula Theologen und Geistliche waren..
Als Vassula ihren Vortrag beendet hatte und auf kommende Fragen und eine beginnende Debatte wartete, weinte der Theologe, der das Symposium leitete. Er sagte dann: "Diese Predigt über Einheit, die wir gerade gehört haben, war die glühendste Predigt, die ich jemals in meinem ganzen Leben gehört habe. Deshalb will ich keinerlei Fragen hierzu gestellt haben, weil dies eine prophetische Stimme war, die gesprochen hat; und wenn es sich um Prophetie handelt, hören wir zu und führen aus, was von uns verlangt wird.
Der Ruf Gottes an Sein Volk
Vassiliki Rydén
Herr, ich bete, wie Du gebetet hast: Mögen wir alle eins sein, wie der Vater in Dir ist und Du in Ihm, damit die übrige Welt glaubt, daß es der Vater war, der Dich gesandt hat. Dafür beten wir, auch für die Schafe, die nicht zu Deiner Herde gehören, damit auch sie auf Deine Stimme hören. Wir beten, dass die Welt lernen möge, Dich zu lieben, von heute an bis in alle Ewigkeit. Amen.
Einleitung
Zuallererst danke ich unserem Herrn für diese geistliche Versammlung, denn es ist eine Gnade, die Gott uns allen geschenkt hat, dass Er uns die Gelegenheit gibt, Sein Königreich auszubreiten, wodurch Er uns einer Versöhnung näher bringt. Denn jedes Zartgefühl von unserer Seite, das schwankende Haus Christi wiederherzustellen, berührt den Herrn zutiefst. Bei jedem Schritt in Richtung auf eine spirituelle Einheit freut sich der ganze Himmel! Bei jedem Gebet, das für die Wiederherstellung des Leibes Christi dargebracht wird, verringert sich der Zorn des Vaters. Bei jeder Versammlung, die in Seinem Heiligen Namen für die Einheit abgehalten wird, werden Seine Segnungen über diejenigen ausgeschüttet, die an diesen Treffen teilnehmen. Dafür lobe und preise ich Gott, der uns niemals im Stich läßt.
In dieser Stunde möchte ich Ihnen eine Einführung in die Rolle des Laien in der Kirche vorlesen und danach drei Themen besprechen.: Das erste Thema ist Die Metanoia (griechisch: "Umkehr, Buße", Anm. d. Übers.), die Frucht der Demut, welche zu Versöhnung und Einheit führt , das zweite ist über Die Sünde unserer Spaltung und das dritte ist über Die Rolle des Heiligen Geistes, welcher uns zur Einheit führt.
Als ich die Einladung erhielt, über eine ökumenische Spiritualiät zu sprechen, fiel es mir nicht leicht, meine besondere Erfahrung mit Gott in Worte zu fassen. Ich wage nicht eine klassifizierte "Spritualität" aus meinen eigenen vertrauten "Gesprächen mit Christus" selbst zu formulieren. Statt dessen möchte ich lieber Gott, der die Propheten erhoben hat und der gesprochen und sich selbst "auf viele und verschiedene Weisen" geoffenbart hat (Hebr. 1,1), die Freiheit lassen, Seine Botschaft durch eine schwache Hand, ein Mitglied des Leibes Christi, erneut zu übermitteln. In diesem Sinne ist das Folgende eine andere Art von Offenbarung in der mystischen Tradition der Kirche. Deshalb ist das, was Sie jetzt hören werden, kein akademischer Theologie-Vortrag, einfach weil ich kein Theologe bin, sondern vielmehr das lebendige Beispiel eines Laien, der dann Zeugnis über die Einheit ablegt, wenn er von Gott zu Seinem Dienst berufen wird.
Ich selbst komme von der griechisch-orthodoxen Kirche. In unserem Buch über die Doktrin der orthodoxen Kirche, Band 1, veröffentlicht im Jahre 1997 von Herrn Trembelas, heißt es auf Seite 79: "Offenbarungen sind definiert als ein von Gott initiierter Akt, durch die Er Seine vernunftbegabten Geschöpfe über die Mysterien Seiner Existenz, Natur und Seines Willens unterrichtet, je nach ihrer begrenzten intellektuellen Kapazität…" usw. Es lohnt sich, Seite 78 zu lesen, auf der die Notwendigkeit beschrieben wird, dass Gott selbst Sein Volk führt. Es gibt dort noch viel mehr Hinweise auf die Rolle der Laien in unserer orthodoxen Kirche, aber weil die Zeit begrenzt ist, können wir sie hier nicht im Einzelnen untersuchen.
Es ist auch bekannt, dass das Zweite Vatikanische Konzil betont hat, wie wichtig es ist, dass die Laien dazu beitragen, die "Frohe Botschaft" mit Hilfe der verschiedenen Gaben zu verbreiten, die Gott Seiner Kirche verleiht. In Lumen Gentium wird deutlich, dass die Laien an dem Propheten-Amt Christi teilhaben. Christus erfüllt Seinen prophetischen Auftrag, nicht nur durch die Hierarchie, sondern auch durch die Laien. Dementsprechend setzt Er sie als Zeugen ein und verleiht ihnen die Gabe des Glaubenssinns und die Gnade des Wortes (LG 35). Jeder Laie spielt eine Rolle in diesem Dienst des Evangeliums entsprechend dem Charisma, das Gott ihm geschenkt hat und durch diese ihm verliehenen Gaben ist er gleichzeitig der Zeuge und das lebendige Werkzeug für die Mission der Kirche selbst, je "nach dem Maß der Gabe Christi" (Eph. 4,7). Aus den Aussagen der Kirche geht außerdem hervor, dass die Laien in der Welt eine sehr wichtige Rolle spielen und dass die Gaben, die der Heilige Geist Seinem Volk verleiht, immer für den Dienst an der Gemeinschaft und zum Nutzen der Kirche bestimmt sind.
Seit den ersten Anfängen Seines Rufes näherte sich mir unser Herr mit Königlich verschwenderischer Fülle, Er sprach zu mir in Poesie, und in den vergangenen sechzehn Jahren waren Religion und Tugend das Thema Seiner lieblichen Unterhaltungen mit mir. Ohne jeden Verdienst wurde ich berufen, und ich antwortete. Wie die Heilige Schrift sagt: "Ich habe geglaubt, und darum habe ich geredet." (2 Kor.4,13). Dann bat mich der Herr, Ihn anzuerkennen, und indem ich Ihn anerkannte, zeigte Er mir Sein Kreuz der Einheit.
Eines der ersten gebieterischen Worte, die Christus an mich richtete, waren diese: "Welches Haus ist wichtiger, dein Haus oder Mein Haus?" Ich antwortete: "Dein Haus, Herr." Darauf sagte er:"Belebe Mein Haus, verschönere Mein Haus, vereinige Mein Haus." Ich fühlte mich ganz hilflos und elend, und ich klagte:"Ich weiß nicht, wie ich das anfangen soll. Ich weiß nichts!" Darauf erwiderte Christus: "Bleibe nichts; Ich will ein Nichts, und in Deiner Nichtigkeit werde Ich Meine Autorität und Meine Macht zeigen und zu erkennen geben, dass Ich Bin; stirb also deinem Selbst ab und erlaube Meinem Heiligen Geist, in dir zu atmen." Von da an bat er mich, mit Ihm zu wandeln, aber nachdem ich durch manches geistige Feuer gegangen war. Auf diese Weise bekam ich den Samen Gottes ohne jeden Verdienst geschenkt. Es steht geschrieben: "Kein Mensch kann sich etwas nehmen, wenn es ihm nicht vom Himmel gegeben ist."
(Joh. 3,27)
Diese Arbeit des Heiligen Geistes ist in 11 Bänden abgedruckt und in 40 Sprachen übersetzt worden (veröffentlicht unter dem allgemeinen Titel Das wahre Leben in Gott). In diesen geistlichen Schriften sehen wir, wie Gott uns Gelegenheiten gibt, vollkommen und fähig zu werden, die Vergöttlichung durch Seine Gottheit zu erlangen und Götter durch Teilhabe zu werden. Die Früchte dieser Arbeit sind zahlreich, denn sie kommen auch vom Herrn, und alles, was gut ist, kommt vom Herrn. Es lohnt sich, eine dieser Früchte zu erwähnen. Heutzutage gibt es auf der Welt mehr als eintausend ökumenische Gebetsgruppen, die sich durch diese inspirierten Schriften mit dem Titel "Das wahre Leben in Gott" gebildet haben. Diese ökumenischen Gebetsgruppen bestehen aus Mitgliedern verschiedener Konfessionen, die sich versammeln, um für die Einheit und die Versöhnung der Kirchen zu beten. Aus diesen Gruppen entstanden neun Häuser der Nächstenliebe, in denen an die Armen und Bedürftigen Essen ausgegeben wird. Sie werden Beth Myriam, das heißt: "Haus Mariens", genannt. Noch weitere werden mit der Gnade Gottes in naher Zukunft eröffnet und auch unterhalten werden.
Durch Gottes Gnade bin ich bisher in 60 Länder eingeladen worden, um die Großtaten des Herrn zu verkünden. Dies erfolgte in mehr als 700 Treffen, vor römischen Katholiken, Orthodoxen und Angehörigen vieler anderer Kirchen. Ich konnte es auch nicht ablehnen, zu unseren Brüdern und Schwestern zu sprechen, die keine Christen sind. Unser Herr öffnete ebenfalls eine Tür für die Nicht-Christen, und so wurde ich gerufen, um zu Juden, Hindus, Moslems und Buddhisten zu sprechen, die, nachdem sie das Wort Gottes vernommen hatten, ihre Freiheit fanden und sich mit dem Dreieinigen Gott versöhnten, indem sie um das Sakrament der Taufe baten. Denn Christus hatte dafür zum Vater gebetet und gesagt: "Aber Ich bitte nicht nur für diese hier, sondern auch für alle, die durch ihr Wort an Mich glauben." (Joh. 17,20).
Im März 2000 erlaubte der Herr uns an Seinem Geburtsort, Bethlehem, zu versammeln. 450 Leute kamen von nah und fern; ja, aus mehr als 55 Ländern und von 12 verschiedenen Kirchen kamen sie zu einem internationalen Gebetstreffen für Frieden und Einheit zusammen, wie eine einzige Familie. Wir hatten 75 Geistliche von 12 verschiedenen Konfessionen bei uns, aber auch Geistliche aus dem Heiligen Land, die sich uns auch anschlossen, als sie von diesem Gebetstreffen hörten. Dieses ökumenische Ereignis wurde von einigen Juden und Palästinensern organisiert, die von den inspirierten Schriften des "Wahren Lebens in Gott" berührt worden waren. Sie glaubten an die Erlösungstat Christi und an Seinen Heilsplan für unsere Tage und boten sich freiwillig als Organisatoren für dieses Treffen an.
Wenn man weiß, wie Palästinenser und Juden sich in unseren Tagen bekämpfen, dann ist ihre Versöhnung ein Zeichen für die Macht des Heiligen Geistes, der diese beiden Nationen zusammenbrachte, um für ein Treffen für den Frieden zwischen den geteilten Christen zu arbeiten. Wie die Hl. Schrift sagt: "Wo Frieden herrscht, wird (von Gott) für die Menschen, die Frieden stiften, die Saat der Gerechtigkeit ausgestreut" (Jak. 3,18) Das ist eine Lektion für uns alle.
Es war offensichtlich ein Triumph für unseren Herrn, alle diese Geistlichen zu beobachten, die doch alle Christen sind, wie sie einträchtig nebeneinander saßen, lächelnd, sich untereinander austauschend, ohne einen Unterschied zu machen und wie sie an den Gebeten und an der Liturgie teilnahmen. Wir erlebten schon einen Vorgeschmack darauf, wie die Einheit unter den Christen eines Tages sein wird, und wir geben dafür Gott die Ehre. Vor den Ansprachen und den Einführungen stellten sich all diese Geistlichen zu einer Prozession auf. Es war ehrfurchtgebietend. Einige hielten Ikonen in der Hand, andere Statuen des Heiligsten Herzens und eine Statue der Muttergottes; wahrhaftig die Madonna wurde sogar von einem lutheranischen Pastor getragen, und er war sehr stolz darauf. Einige trugen Weihrauch, andere Kerzen, und die griechisch-orthodoxen Geistlichen trugen Rosenkränze um ihren Hals, da sie im Austausch für ihre Kreuze und Ikonen der "Panagia" (wörtl.: die "Ganzheilige", griech. Bezeichnung der Muttergottes, Anm. d. Übers.) von den Geistlichen der römisch-katholischen Kirche Rosenkränze erhalten hatten, und alle marschierten im Takt zu einer byzantinischen Hymne und sangen "Kyrie eleison".
Von Geistlichen verschiedener Kirchen wurden Ansprachen über die Einheit gehalten. Ihre Reden klangen so, als ob sie aus einer Stimme und einem Geist kämen. Wir verspürten während ihrer Vorträge den starken Wunsch, dass wir alle eins seien. Es gab sogar einen rührenden Augenblick, als verschiedene Geistliche aus verschiedenen Kirchen auf dem Podium standen und ein römisch-katholischer Priester auf die Knie fiel und nacheinander die Füße aller anderen Geistlichen küßte, wobei er um Vergebung bat. Dieser spontane Akt der Demut rührte einen koptischen Priester zu Tränen, und er folgte diesem Beispiel und kniete sich hin, um die Füße seiner Brüder in Christus zu küssen. Wir sahen und beobachteten den Durst der Laien und der Priester nach der Einheit. Doch gleichzeitig fühlten wir die großen Wunden, die unsere Spaltung dem Mystischen Leib Christi geschlagen hatte, und dies ist der Grund dafür, dass wir so viel Freude und Trost bei diesen aufrichtigen Akten der Demut und der Versöhnung empfanden. Wenn das ein offizielles Treffen gewesen wäre und wenn wir offizielle Vertreter der Kirche gewesen wären, dann hätten wir die Einheit auf der Stelle vollzogen und sie dann der Welt verkündet.
Die meisten von uns sind dieser Spaltung müde geworden, denn sie entspricht nicht unserem Gesetz der Liebe. Christus ist es noch mehr leid, uns getrennt zu sehen. Die Beifalls- und Jubelrufe all dieser Nationen, die eng miteinander verbunden waren und für eine vollständige Einheit unter den Christen appellierten, machten deutlich, dass diese Spaltung nicht nur eine Sünde, sondern auch ein Verbrechen ist. Ich aber sage euch, dass das größte Verbrechen von allen darin besteht, die Osterdaten getrennt zu halten. Wie schön wird es sein, wenn wir alle eines Tages einstimmig und einmütig ausrufen: "Christos Anesti" (griech.: Christus ist auferstanden, Anm. d. Übers.). Wir alle sagen: "Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden..." Nun, was hält die Amtsträger der Kirche denn noch davon ab, den Willen Gottes zu tun und ihre Versöhnung zu proklamieren, wenn Laien und Priester auf der ganzen Welt schon die Einheit leben? Die Einheit hat gestern begonnen… wir haben es gesehen… wir haben es erlebt… wir haben uns darüber gefreut, und wir wollen sie genauso wie der Heilige Geist sie will. Jesus Christus hat uns durch Sein Blut miteinander verbunden, wie können wir also diese Einheit verleugnen? "Denn Er ist unser Friede. Er vereinigte die beiden Teile (Juden und Heiden) und riss durch Sein Sterben die trennende Wand der Feindschaft nieder. Er hob das Gesetz samt seinen Geboten und Forderungen auf, um die zwei in Seiner Person zu dem einen neuen Menschen zu machen." (Eph. 2, 14-15). Wie können wir zu Gott "nein" sagen, wenn Er möchte, dass wir uns vereinigen? Könnte es daher kommen, dass unsere Herzen sich verhärtet haben? Haben wir die Worte des Heiligen Vaters vergessen, als er sagte: "Die Elemente, die uns verbinden, sind weitaus bedeutender als diejenigen, die uns trennen?" Wir sollten also diese Elemente aufnehmen und benutzen, um den Weg zu einer vollständigen Einheit zu ebnen.
Die Gnaden, die wir in jenen Tagen im Heiligen Land erhielten, waren zahlreich. Ein griechisch-orthodoxer Archimandrit des Patriarchats von Jerusalem, der von unserer Anwesenheit erfahren hatte, rief alle 450 Teilnehmer zusammen und lud uns alle in die Kirche vom Heiligen Grab und an einem anderen Tag auf den Berg Tabor ein, um an den Liturgien und sogar an den vorgeweihten Gaben (an der orthodoxen Eucharistie, Anm. d. Übers.) teilzunehmen, wenn wir es wünschten und an die Heilige Gegenwart Jesu in dieser Heiligen Kommunion glaubten.
Es gab so viele frohe Augenblicke, wenn man die Orthodoxen, Lutheraner, Katholiken, Anglikaner, Baptisten usw. zusammen den Rosenkranz beten sah, alle einträchtig nebeneinander, ohne dass sich jemand zurückzog, weil dieses Gebet angeblich nur von den Römisch-Katholischen gebetet wird. Im Gegenteil, wir machten keine Unterschiede. Das Rosenkranzgebet verband uns miteinander, und mehr noch das ausgesetzte Allerheiligste Altarssakrament, denn vor dem Herrn knieten wir hin und fühlten in diesem Einssein, dass wir wirklich die Söhne und Töchter des Allerhöchsten sind, Denn alle waren vom Geist geleitet (Röm. 8, 14) und wie Kinder, die zu einer Familie gehören, zusammen und Seite an Seite waren wir eins und nicht gegeneinander, denn der Geist der Spaltung war nicht mehr länger unter uns. In diesen Augenblicken erkannten wir, dass wir aus der Gnade und nicht aus dem Gesetz lebten. (s.Röm. 6,14). Unsere Herzen waren aneinander gebunden, und in der Gegenwart Christi fühlten wir uns im Geiste und in der Liebe Gottes wahrhaft vereint. Tatsächlich, in diesen Momenten besaßen wir einen Geist und ein Herz, das ganz mit dem Herzen Christi verbunden war. Später sagten alle Geistlichen, dass sie, wenn sie heimkämen, diese spirituelle Einheit weiterhin fördern und vor ihren Mitbrüdern Zeugnis ablegen würden, was sie erlebt und gesehen hatten, damit auch diese sich im einen Herrn freuen können.
Aufgrund unserer Erfahrungen während dieser Pilgerfahrt der Einheit im Heiligen Land spürten wir, dass die Gebete stärker waren als unsere Vorträge und Gespräche, denn kaum öffneten wir den Mund, um zusammen zu beten, wurden unsere Gebete bereits erhört und beantwortet. Genauso wie der Heilige Vater im Oktober 1986 Vertreter aus allen großen Weltreligionen nach Assisi eingeladen hat, um nebeneinander für den Frieden zu beten, sollten wir diesem Beispiel folgen und in Zukunft noch viel mehr von diesen inter-religiösen Treffen bzw. Dialogen abhalten.
Nach dieser Einführung möchte ich jetzt endlich über das erste Thema sprechen, das die "Metanoia" (Umkehr, Buße) betrifft.
Gottes Aufruf zu einer tiefen Metanoia, der Frucht der Demut, welche uns zu Versöhnung und Einheit führt
Wir, das Kirchenvolk, müssen uns darüber klar werden, dass wir in beständiger Sünde leben, der Sünde unserer Spaltung. "Jedes Reich, das in sich gespalten ist, geht zugrunde; und keine Stadt und keine Familie, die in sich gespalten ist, wird Bestand haben." (Mt. 12, 25). Sogar wenn diese Spaltung nicht direkt von uns, sondern von unseren Vorfahren stammt, so halten wir sie dennoch aufrecht, so lange wir geteilt bleiben. Wir können nicht sagen, dass Gott erfreut ist, wenn die Hirten noch getrennt sind. Wir können uns nicht anmaßen, über Einheit zu sprechen, ohne eine Metanoia (Umkehr, Buße) zu vollziehen und die beiden größten Gebote Gottes in die Tat umzusetzen. Das wäre so, als ob wir ein Haus bauen wollten, ohne zuerst sein Fundament zu legen. Das Fundament der Einheit sollte aus Demut und Gottesliebe sowie der Umkehr unserer Herzen bestehen. Wie könnten wir denn glauben, dass wir die Einheit erzielen können, wenn wir nicht bereuen und die beiden größten Gebote, die auf dem Gesetz der Liebe gründen, mit ganzer Hingabe leben? Die Samen der Einheit würden ständig in einem trockenen und unfruchtbaren Land gesät werden, und keine Sämlinge würden in dieser Art Trockenheit, welche der Härte unserer Herzen entspricht, gedeihen. Wir müssen uns hinsetzen und uns selbst fragen: "Sehen wir die Einheit vielleicht aus unserem eigenen Blickwinkel, und sind wir vielleicht deshalb noch getrennt, oder suchen wir sie so, wie es der Geist Gottes will, sind aber nicht damit einverstanden?"
Deshalb ist eine wahre Metanoia (Umkehr, Buße), mit dem Gedanken an die Gottesfurcht und in dem Bewußtsein, dass Gott weiß, wer wir wirklich sind, der erste und wichtigste Schritt, der erforderlich ist, um uns das nötige Licht zu verleihen, das uns alle zu einer spirituellen Einheit führt. Diese notwendige Metanoia ist in sich selbst eine kolossale Macht, welche uns verwandeln und Früchte tragen wird. Laßt uns also reich an Armut sein, so wie der Priester, der auf die Knie fiel, weinte und die Füße seiner Mitbrüder, die zu anderen Kirchen gehörten, küßte und um Vergebung bat - laßt uns in derselben Weise in Demut bereuen.
Wir müssen die alten Ziegelsteine in unseren Herzen, die Steine der Intoleranz, des Stolzes, des Nicht-Vergeben-Könnens, der Untreue, der Uneinigkeit, des Mangels an Liebe niederreißen und die Kirche Christi in unseren Herzen wieder aufbauen, indem wir einander von Herzen annehmen und es Gott erlauben, mehr in uns zu leben, um uns Seinen Frieden zu bringen. Es muß Gott aus einer tieferen Metanoia (Umkehr, Buße) heraus eine Kenosis (griech. etwa: "Entleerung, Raumschaffen", Anm. d. Übers.) geschenkt werden, damit Gott uns reichlich mit Sich Selbst erfüllen kann, dann werden wir "eine wohlgefällige Opfergabe (sein), geheiligt im Heiligen Geist. (Röm. 15, 16) " Wie wir wissen, schenkt sich uns Gott beständig, um unsere Seele lebendig zu erhalten, aber nach unserer Metanoia wird Gott sich uns in Kraft und Gnade offenbaren, während er die Wünsche Seines Herzens ausdrücken und uns auf diese Weise zeigen wird, wie wir den Schlüssel zur Einheit gebrauchen sollen. Eine Metanoia wird uns nicht nur zu einer Bekehrung des Herzens führen, sondern es wird eine völlige Umwandlung stattfinden, denn die Metanoia ist das Tor, das die Seelen von der Dunkelheit zum Licht führt. Deshalb können wir bis zu diesem Tag nicht sagen, dass wir im Licht wandeln, da wir immer noch gespalten und zerstückelt sind; wenn wir nicht in das Licht eingetreten sind, wie können wir dann Gottes heiligen Willen erkennen, um Fortschritte in Richtung Einheit zu machen und wissen, wie Er sie haben will? Wie können wir unseren Weg erkennen und sehen, wo wir gehen, wenn wir immer noch in der Finsternis sind? Wenn wir uns nicht beeilen, wird diese kleine flackernde Flamme, die noch in uns verblieben ist, verlöschen. Wir müssen uns beeilen, alle unsere Vorurteile beiseite legen und statt dessen Öl aus den Quellen der Demut und der Liebe holen, um dieses flackernde Flämmchen in eine lebendige Fackel zu verwandeln.
Dann müßte aber auch jede Kirche bereit sein, ihrem Selbst und ihrer Starrheit abzusterben, dann wird durch diesen Akt der Demut die Gegenwart Christi in ihnen aufleuchten. Jede Kirche muß einen unaufhörlichen Prozeß der Buße vollziehen und sich an Christus festmachen, indem sie sich Seiner Liebe für die Menschheit anschließt. Durch diesen Akt der Demut werden die vergangenen und gegenwärtigen Fehler der Kirche abgewaschen, und die Einheit wird vollzogen werden. Wenn wir einmal unsere Stimme dämpfen, werden wir beginnen, die Stimme Christi zu hören. Nur wenn wir unsere Köpfe senken, werden wir es dem Haupt Christi erlauben, an unserer Stelle gesehen zu werden; nur wenn wir uns selbst völlig erniedrigen, wird Christus fähig sein, uns zu erheben, damit wir Seine Herrlichkeit sehen. Es steht geschrieben: "Demütigt euch vor dem Herrn, dann wird Er euch erhöhen." (Jak. 4.10) Dann, und nur dann, werden wir fähig sein, Gottes heiligen Willen zu erkennen, denn Er wird Seine Macht zeigen, nachdem Er uns zu einem Nichts gemacht hat, und Seine heilige Gegenwart wird durch die Wüste unserer Seele fließen wie ein Strom und uns heilen. Dann, wenn unsere Gesundheit wiederhergestellt ist, wird unsere Seele uns daran hindern, wieder rückfällig zu werden und das Gift zu uns zu nehmen, das wir während unserer erschütternden Spaltung aßen. Wir werden nur einen Wunsch haben, nämlich, nach dem reinen, belebenden Wasser zu dürsten, das Leben verleiht. Zudem wird uns dieses reine, klare Wasser nicht nur heilen, sondern wir werden auch vor Barmherzigkeit und Liebe überströmen. Nachdem wir dem Heiligen Geist so den Weg frei gemacht haben, wird Er mit Leichtigkeit in uns eindringen und uns auch mit Seinem Licht überströmen; auf diese Weise wird Er in uns eine vollständige Metamorphose (Umwandlung, Anm. d. Übers.) bewirken und uns in einen Himmel verwandeln.
Der Herr erlaubte mir einmal, folgende Worte von Ihm zu vernehmen: "Wenn du Meinem Heiligen Geist erlaubst, in dich einzudringen, kann Er deine Seele von einer Wüste in einen Garten verwandeln, wo Ich in dir ausruhen kann. Der Heilige Geist kann deine Seele in einen Palast verwandeln, in dem Ich König sein und über dich herrschen kann. Der Heilige Geist kann deine Seele in einen Himmel verwandeln, und in diesem Himmel wirst du Mich verherrlichen." Um die Einheit zu erlangen, müssen wir eine Umwandlung durchmachen und so lange wir es noch nicht erreicht haben, rund um einen Altar gemeinsam an einem Kelch teilzuhaben, ist erwiesen, dass diese Umwandlung in uns noch nicht stattgefunden hat, da wir immer noch in der Trennung leben. Vollziehen wir also eine Metanoia (Umkehr, Buße), damit eine Umgestaltung durch den Heiligen Geist möglich wird. Ohne diese Umgestaltung werden wir unfähig bleiben, in die Tiefen Gottes einzudringen, Gott zu sehen und Ihn zu verstehen. Diese Vision der Gottheit wird zweifellos unsere Herzen in eines zusammenschmelzen. Durch die Erfahrung mit der Vision Gottes wird auch unsere Seele erkennen, wie sehr wir Ihn durch unsere Spaltung verletzt haben. Das wird wie ein Reinigungsakt oder ein kleines Gericht sein, aber auch der Anfang unseres neuen Lebens in dem Einen Christus.
In dieser Umgestaltung werden wir entdecken, dass, obwohl wir noch unter Menschen sind, unser Geist im Himmel weilen wird; und obwohl unser Körper sich unter Menschen bewegt, werden unsere Seele und unser Geist, vom göttlichen Willen ergriffen und erfüllt von edlem göttlichen Licht, engelgleich in den Höfen des Himmels wandeln, inmitten der Heiligen und Engel, und so ein Geist mit dem Göttlichen werden. Dann wäre das "Vater unser" vollendet, denn Sein Reich wäre gekommen und Sein Wille würde geschehen im Himmel wie auf Erden. Von da an wären alle unsere Unternehmungen vollkommen und fehlerlos, da sie göttlich und im Einklang mit dem Willen Gottes wären. Wir haben gelernt, dass unser Geist niemals von selbst zum Himmel aufsteigen kann, sondern dass Gott allein ihn zum Himmel erheben kann, indem Er mit großer Freude Seine Geheimnisse enthüllt. Wenn wir dem Flehen Christi entsprochen hätten, "daß wir alle eins seien" oder wenn wir auf Seinen Ruf im Gehorsam geantwortet hätten, dann würden wir heute rund um einen Altar gemeinsam an einem Kelch teilhaben und sagen: "Ich wandle mit Gott und herrsche jetzt mit Ihm."
Die Kirche muß gefestigt werden, und die Einheit ist die einzige Hoffnung, um die Kirche zu festigen. So wie es jetzt ist, verliert die Kirche in ihrer Schwäche ihren Glanz bis zu dem Maße, dass sie nicht einmal aufstehen und von selbst das Öl und die heilende Salbe von der Quelle des Lebens, die der Heilige Geist ist, schöpfen kann. In ihrer Angst, ihre Schätze, hauptsächlich aber ihre Identität, zu verlieren - was, so meine ich, vor allem unsere orthodoxe Kirche betrifft - verbarrikadiert sie nicht nur ihre Fenster, sondern vergewissert sich, dass auch ihre Türen sorgsam verschlossen sind, wobei sie sich gar nicht bewußt ist, dass ihr Inneres Schimmel angesetzt hat. In ihrer Angst verhindert sie das Strömen der Gnade in ihr, welche sie furchtlos zur Einheit und Versöhnung führen kann. Jemand, der aus Furcht handelt und sich vergewissert, dass die Fenster und Türen sorgsam verbarrikadiert sind, hat normalerweise Angst, dass ihm seine Wertsachen gestohlen werden. Doch nicht nur die orthodoxe Kirche ist so; die anderen Kirchen verhalten sich gleichermaßen. Warum fürchten und isolieren sie sich? Warum verschließen manche immer noch ihre Türen? Hat Christus nicht die Heiden und Juden miteinander versöhnt und sie zusammengebracht, damit sie gemeinsam einem Christus huldigen? Hat Christus nicht den Schleier entzwei gerissen, der Gott und Mensch voneinander trennte, indem Er das Geschöpf mit dem Schöpfer versöhnte? Hat Christus nicht die Tore der Hölle zerbrochen und die Geister (der Toten, Anm. der Übers.) befreit? Was hätte Christus noch mehr tun können, als was Er nicht schon getan hat? Warum verbarrikadieren sich die Kirchen bis auf den heutigen Tag und errichten Mauern, um diese Trennung aufrecht zu erhalten? Wenn sie nur ihre Ängste, ihre Sturheit und ihr Mißtrauen ablegen könnten, dann würden wir heute nicht über Einheit sprechen, weil wir die Heilige Eucharistie schon um einen einzigen Altar zelebrieren würden.
Wenn die Kirchen fähig werden, die negativen Hindernisse, die sie trennen, zu überwinden, Hindernisse, die gemäß der Hl. Schrift gegen die Erfüllung unserer Einheit im Glauben, in der Liebe und im Gottesdienst verstoßen, wird Christus Sein Versprechen halten, auf der ganzen Welt eine Zeit des Friedens anbrechen zu lassen. Dieser Friede wird jedes Geschöpf in den Mystischen Leib Christi mit einbeziehen, wodurch Seine Worte erfüllt werden, die Er uns in Seinem Gebet zum Vater gegeben hat, als Er sagte: "Alle sollen eins sein: wie Du, Vater, in Mir bist und Ich in Dir bin, sollen auch sie in Uns sein, damit die Welt glaubt, dass Du Mich gesandt hast." (Joh. 17,21). Dieses flehende Gebet Christi an den Vater, dass wir so vereint seien, ist ein klarer Hinweis darauf, dass die gesamte Schöpfung in eine geistliche Einheit und nicht in eine vertraglich unterzeichnete Einheit geführt wird. Doch solch eine spirituelle Einheit, welche die ganze Schöpfung umfaßt, kann nicht ohne den Geist Gottes erfolgen, der Seine Kraft auf die Menschheit ausgießt. Der Heilige Geist muß dann neue Apostel erwecken, die hinausgehen, die Welt evangelisieren und den Glauben der ganzen Welt auf Christus richten. Im Hinblick auf unsere anhaltende Spaltung würde ich sagen, dass die Kirche in dieser Angelegenheit ihre Schwäche demonstriert hat.
Immer noch, trotz unseres Elends, wird der Heilige Geist der Gnade nicht aufhören zu wirken angesichts unserer menschlichen Mißerfolge, unseres Ehrgeizes und unserer Unfähigkeit, uns selbst zu erniedrigen und uns zu versöhnen, um die Einheit zu erreichen. Die Liebe Christi zu den Menschen zwingt Ihn in unseren Tagen, sich von der Höhe den ganzen Weg zu uns hinab zu neigen, um mit Seinem Kostbaren Blut diese Unvollkommenheiten zu bedecken. Der Heilige Geist weiß um unsere Schwächen und Mißerfolge, also kann man nicht sagen, dass der Heilige Geist aufgehört habe, Seine Gnaden über uns auszugießen; Er ist da und macht viel Lärm, damit am Ende sogar die Tauben, die sich selbst eingeschlossen haben, Ihn hören und schließlich die Türen ihrer Herzen öffnen werden; und jene, die tot waren, werden ins Leben zurück kehren. Diejenigen, welche aufgehört hatten zu existieren, werden wieder sein.
Eine der Gaben, die uns der Heilige Geist in unserer Zeit schenkt, sind neue Apostel, die von Gott dazu vorbereitet wurden, mit ihrem Mund die Worte Gottes zu wiederholen und zu verbreiten. Wenn jedoch unser Verstand und unser Herz nicht leicht zu berühren sind und sie kaum hören können, ist es vielleicht deshalb, weil wir zu "technisch" und leider zu rationalistisch geworden sind. In dieser technologischen Umwelt wird die Barmherzigkeit Christi entstellt, wie auch die Einfachheit eines geistlichen Lebens in Gott. Daher ist es wichtig, dass besonders die orthodoxe Kirche, aber auch die anderen Kirchen, dem Heiligen Geist erlauben, Seinen belebenden Atem frei in sie hinein strömen zu lassen. Nach dieser Erweckung werden sie sich erheben und erkennen, dass die Evangelisation eine Notwendigkeit ist, um die Welt, die sich so sehr von Gott entfremdet hat, zu versöhnen. Eine entchristlichte Gesellschaft zu evangelisieren ist auch ein Mittel, um es Menschen jeder Rasse und Glaubensrichtung zu erlauben, zu Gott zurück zu kehren und zu beginnen, das Antlitz Gottes zu suchen. Jedes Geschöpf auf Erden könnte davon profitieren, und wenn man sich auf diese Weise Gott übergeben hat, wird der Heilige Geist den Rest tun und alle Hindernisse beiseite räumen, die den Weg zu einer vollständigen spirituellen Einheit blockieren.
Gott verlangt von uns eine Veränderung im Inneren. Es wird solche geben, die sagen: "Aber wir haben doch das Gesetz der Kirche gehalten und ihm gehorcht…" Es genügt nicht, das Gesetz der Kirche zu halten und ihm zu gehorchen. Unsere Sturheit verurteilt uns. Sehr oft sprechen wir vom Gesetz, aber wir tragen es nicht in unserem Herzen. Das Herz des Gesetzes ist die Liebe, doch so viele Male leben wir nach dem Buchstaben des Gesetzes, aber versäumen es, das Herz des Gesetzes zu leben. Wir vernachlässigen so oft die bedeutenderen Dinge des Gesetzes, welche sind: Liebe, Barmherzigkeit und ein starker Glaube.
Wir sollten bereit sein, mehr zusammen zu beten, denn Gebete werden erhört und beantwortet, während Unterredungen nur gesprochene Worte und Formeln sind. Das heißt nicht, dass wir unsere Konferenzen und Diskussionen abschaffen sollen, wie ich vorher erwähnte, nicht im Geringsten! Aber was ist wichtiger für uns, der Buchstabe oder der Geist? Wenn wir sagen, der Buchstabe, dann werden wir wie Verwaltungsbeamte arbeiten, wenn wir uns um die Belange Gottes kümmern, und wir werden weder gerechtfertigt sein noch werden wir es jemals zu etwas bringen, denn es wäre so, als ob man zum Geist sagen würde: "Ich bin kein Kind mehr, und ich kann alleine laufen." Der Buchstabe wird so den Geist töten, und wir werden zu echten Verwaltungsbeamten werden, die nur Papiere hin- und herschieben und von jedem Treffen mit leerem Herzen zurückkehren.
Was ist also wichtiger, das Gesetz oder der Geist? Wenn wir sagen, das Gesetz, dann werden wir bereits über unseren Bruder urteilen, der neben uns sitzt und zu einer anderen Kirche gehört, während er uns auch schon beurteilt, und wir werden von jedem einzelnen von uns hören: "Wir besitzen die ganze Wahrheit und wir sind diejenigen, die Recht haben." Und wieder würden wir Christus zerstückeln und wieder würden wir nichts erreichen. Wenn wir mit der Lehre und ihrem Inhalt anfangen, dann werden wir vielleicht am Ende noch mehr getrennt und zerstückelt sein und niemals zum Wesentlichen kommen. Ich meine damit nicht, dass wir die Lehre verletzen sollen, da die Lehre die eigentliche Existenz der Kirche darstellt. Doch wenn wir einmal dem Heiligen Geist erlauben, uns zu führen, anstatt dass wir den Heiligen Geist führen, dann wird der Heilige Geist dem Buchstaben und dem Gesetz Leben verleihen, und Er wird uns die wahre Lehre zeigen, nämlich dass Jesus Christus das einzig wirksame Prinzip in uns ist trotz unserer Unterschiede in dogmatischer Terminologie. Für diesen Akt der Nächstenliebe benötigen wir äußerste Armut des Geistes und ein Übermaß an Großmut. Laßt uns also unsere dogmatischen Unterredungen mit dem Heiligen Geist beginnen. Laßt Ihn denjenigen sein, der uns am Arm nimmt und führt, um uns in unserem Herzen zu zeigen, dass die Lehre im Wesentlichen auf Liebe, Opfer, Erlösung und einer vollkommenen Loslösung gründen sollte.
Unsere Sünde der Spaltung
Wenn wir geteilt und auseinander gerissen sind, dann ist das die Folge unserer Intoleranz den anderen gegenüber und unseres Hochmuts. Wir haben das unterscheidende Merkmal des Glaubens, nämlich die göttliche Liebe, von uns gewiesen. Wie sagt Christus über die Tugend der Liebe: "Daran werden alle Menschen erkennen, dass ihr meine Jünger seid, dass ihr einander liebt." Doch die Liebe Christi zwingt Ihn dazu, eine grenzenlose Barmherzigkeit mit unserer Spaltung zu zeigen, dieser Spaltung, die uns nur Trockenheit und Herzenshärte einbrachte, die die Kirche verwüstet und die in der christlichen Welt einen allgemeinen Glaubensabfall mit sich gebracht hat. Die heutige Welt, die derart von Gott abgefallen ist, hat keinen Platz für Gott, da sie mit einer Art Selbstverwirklichung beschäftigt ist. Die Welt weigert sich heute, Gott die Ehre zu geben, und wir leben in einer Zeit, in der alles Gute zu Bösem verunstaltet wird. Die Christen werden aufgrund unserer Spaltung entweder unaufhörlich entchristlicht oder fallen beständig in Irrtümer. Sehen Sie sich nur um: ein Teil der Kirche ist durch ihre rationalistische Einstellung verblendet worden. So lange sie sich auf ihren eigenen Geist verlassen, werden sie weiterhin im Dunkeln wandern. Sie werden weiterhin ihre eigenen Gesetze verkünden anstelle des Gesetzes Gottes. Sie werden versuchen, die Tradition der Kirche durch menschliche Spitzfindigkeiten und Analogien zu verändern, ohne die Wahrheit, die in Christus ist. Wir sollten für diese Christen beten, welche die Gottheit Christi ohne Skrupel unterminieren, indem sie die Kirchen nicht nur ihrer Bilder, Ikonen und Statuen berauben, sondern auch der Realpräsenz Christi in der Heiligen Eucharistie. Wenn diese Leute Christus als König proklamieren und Seine Macht verherrlichen, indem sie Seine furchteinflößende Kraft verkündigen, ihm Loblieder singen, seine Allmacht und Seine großartigen Wunder anerkennen, dann sollten wir sie fragen, warum Christus für sie zu einem Stolperstein geworden ist, wenn es darum geht, den Glanz Seiner Gottheit in Seiner Eucharistischen Gegenwart zu ermessen? Solange sie Seine Gottheit nicht mit den Augen des Geistes sehen, werden sie weiterhin wie ein Schlaftrunkener sein, der nie etwas von dem begreift, was man ihm sagt.
Der Herr erlaubte mir, folgende Worte von Ihm zu vernehmen: "Ich bin der oberste Hohepriester meines ganzen Hauses, dieses Hauses, das die Menschen erbarmungslos in ihrem Mangel an Liebe zerteilt haben; sollte Ich denn weiterhin mein Haus in Spaltung und in solcher Rebellion sehen und nicht eingreifen? Meiner Heiligen Eucharistie mißt man immer weniger Bedeutung bei. Jede Rasse soll wissen, dass Mein Fleisch und Blut von Meiner Mutter stammen, Mein Leib kommt von der Heiligsten Jungfrau, von reinem Blut... …"
Bloßer Anschein und Lippendienst haben Christus nie täuschen können, aber immer, wenn wir die Nächstenliebe, welche zu Frieden und gegenseitigem Verständnis führt, praktizierten, freute sich Sein Geist. Wie können wir heute erwarten, dass sich Sein Geist freut, wenn bei jedem Osterfest das verstreicht, die Daten nicht vereinheitlicht werden und immer noch nicht vereinheitlicht worden sind, außer wenn es durch Zufall geschieht wie in diesem Jahr? Wie kann sich Sein Geist freuen, wenn die Mitglieder Seines Mystischen Leibes immer noch verstreut sind wie die trockenen Knochen in der Vision Ezechiels? Wir rebellieren kühn gegen Gott und alle himmlischen Mächte. Wir übertreten vor Seinem Thron furchtlos Sein Gesetz der Liebe. Die Heilige Schrift sagt: "Wer also das Gute tun kann und es nicht tut, sündigt ." (Jak. 4, 17). Die Heilige Schrift lügt nicht und darf nicht verworfen werden.
Wie können wir außerdem erwarten, dass die Kirche in den Augen der restlichen Welt glaubwürdig ist, wenn sie Frieden, Liebe, Einheit, Brüderlichkeit und Versöhnung Ländern predigt, die ihre Bevölkerung massakrieren, wenn wir gleichzeitig in unserer eigenen Mitte den Leib Christi martern, indem wir so häufig giftige Pfeile gegen einander schießen? Wir, der königliche Haushalt Christi, haben unsere Herrlichkeit gegen Schimpf und Schande eingetauscht. Gott ruft uns alle und Er hat uns aufgefordert, eins zu sein, damit die Welt glauben möge (Joh. 17.21). Denn erst wenn die Kirche durch ihre Vereinigung geheilt und wieder zu Kräften gekommen ist, wird, sie fähig sein, die Welt mit Gott zu versöhnen. Zur gleichen Zeit wird sie dann in ihrem gefestigten Zustand in der Lage sein, all die dunklen Mächte, die die Welt verfinstert haben, und die Herrschaft des Bösen, der uns getrennt hält, zu überwinden.
Die Rolle des Heiligen Geistes, der uns zu einer spirituellen Einheit führt
Es ist allein der Heilige Geist der Gnade, der die Kirche rasch zur Einheit bringen kann, indem Er uns befähigt, unsere Ängste vor weiteren Fortschritten zu überwinden. Der Heilige Geist ist da, um alles, was uns getrennt hält und uns davon abhält, uns zu vereinigen, bis auf die Wurzel zu verbrennen. Der Böse weiß das natürlich und verursacht weiterhin dort Probleme, wo es normalerweise keine geben dürfte, indem Er die Arbeit der Kirche empfindlich behindert und das Zustandekommen der Einheit verzögert. Deshalb meine ich, dass es sehr wichtig für uns ist, uns dem Heiligen Geist unterzuordnen und mehr auf die Charismen zu achten, die Er der Kirche schenkt. Wir sollten aufhören, das Feuer des Heiligen Geistes zu ersticken, das das Innere der Kirche erhellen kann. Deshalb ist es wichtig, unser Selbst von der Gnade leiten zu lassen und nicht von Furcht. Laßt den Heiligen Geist wie eine Parusie (parousia = griech. Wiederkunft Christi, Anm. d. Übers.) innerhalb der Kirche sein.
Der Leib Christi, die Kirche, wächst, wie wir wissen, stetig durch den Heiligen Geist und wird weiterhin wachsen bis zum letzten Tag, denn Christus ist der Fels, der Erbauer der Kirche sowie der Hirte Seines Volkes. Christus ist der oberste Hohepriester über Sein gesamtes Haus, dieses Haus, das die Menschen in ihrem Mangel an Liebe erbarmungslos geteilt haben. Ihre Schönheit und Herrlichkeit und die Früchte, die sie zu Anfang ihres Bestehens erbrachte, sind jetzt wie eine verfaulte Frucht herunter gefallen. Wenn das nicht stimmt, wo ist dann die apostolische Kirche in ihrem Eifer, Christus zu bezeugen, sich selbst auf den Altar der Märtyrer zu legen, sich lieber in der Arena der Schande und des Schmerzes zu erniedrigen als Christus zu verleugnen? Wo ist diese Jüngerschaft voller Glaubenseifer und beseelt von dem glühenden Wunsch nach weltweiter Evangelisation? Oh, Christus, wie oft noch muß Dein kostbarer Leib durchstochen und durchbohrt und zerstückelt werden, bevor wir erkennen, dass wir Deinen Leib als Werkzeuge des "Spalters" selbst geteilt haben? Wir haben es unabsichtlich und unwissentlich getan. Hilf uns, den so heiligen Rest zu finden und zu erhalten, der sich Deine Kirche nennt. Hilf uns, ihn wieder zusammen zu bringen: zu einer Einheit der Kirche, die dazu bestimmt ist, Deine Wiederkunft der ganzen Welt als Offenbarung zu verkündigen.
Obwohl wir wissen, dass zwischen dem Heiligen Geist und uns ein ontologischer Abgrund besteht, kann dieser vom Heiligen Geist beseitigt werden, und Er kann uns erreichen, um uns zu zeigen, dass der wahre Christ derjenige ist, welcher innerlich ein Christ ist, und dass die wahre spirituelle Einheit im Herzen stattfindet und stattfinden wird. Die Einheit wird nicht eine Einheit des Buchstabens sein, sondern des Geistes.
Wirklich: unabhängig davon, wie viel wir von der Kirche erwarten, ganz gleich, wie wir ihre Fehler, aber auch ihre Triumphe beurteilen, unabhängig von dem Kreuz der Einheit, das wir ihr auf die Schultern legen; letztendlich wissen wir aus Erfahrung, dass dieses Kreuz von denjenigen getragen werden wird, die reinen Herzens sind. Wenn wir jetzt zur Einheit entschlossen sind, dann müssen wir unsere Herzen öffnen und die Seelen aufnehmen, welche vom Heiligen Geist begnadet sind. Wenn wir endlich den Armen im Geiste vertrauen werden, die bereit sind, das Kreuz der Einheit auf ihren Schultern zu tragen, dann werden wir ein ganz offenes Feld haben, und wir können anfangen, darin die Samen einer wahren christlichen Einheit zu säen, welche die Welt bekehren und mit Duft erfüllen wird. Die Kirchen sollten dem Heiligen Geist, welcher die innere Quelle der Einheit der Christen ist, erlauben, sie zuerst zu erneuern und mit Duft zu erfüllen, und dann werden sie ihrerseits diesen Duft von einer Nation zur anderen ausbreiten und sie alle dazu bringen, eins in der Wahrheit zu sein und so den Mystischen Leib Christi mit Duft zu umhüllen. So sollten die Kirchen, besonders unsere orthodoxe Kirche, vorsichtig sein, um nicht den Geist auszulöschen und die Vielfalt an Gaben zu verfolgen, die Er zum Wohle der Kirche austeilt, sondern sie sollten Seiner Flamme erlauben, das Innere der Kirche zu läutern und zu beleben, um sie weiter in eine spirituelle Einheit zu führen.
Der Heilige Geist ruft Seine Braut auch zur Einheit auf und sagt:
"Bete, dass Ich, die endgültige Fülle Gottes, der Ausdruck deines Geistes, das Licht in deinen Augen, in eure Mitte hinabsteige, um der Welt zu zeigen, wie falsch sie war, und den Kirchen die Sünde ihrer Spaltung zu zeigen, und wie sie, obwohl sie Tag für Tag erklären, dass es nur einen Herrn, einen Glauben, eine Taufe und einen Gott gibt, der der Vater aller, über allem, durch alles und in allem ist, dennoch lieblos zueinander sind. Wir können nicht sagen: "Du hast alles getan, um die Einheit zu bewahren, die Ich euch am Anfang gegeben hatte, als du noch ein Kind in Meinen Armen warst." Heute sagst du: "Ich bin doch kein Kind mehr und kann alleine laufen," und seitdem tratest du aus Meiner Umarmung und gewöhntest deine Schritte daran, deine eigenen Wege zu gehen… O Kind des Vaters! Frucht des Sohnes! Meine Stadt und Meine Braut! Dein Duft hat dich verlassen… Wird es irgendwelche übriggebliebenen Überlebende in dir geben, wenn Ich mit voller Kraft hinabkomme?" (9.11.94, "Das Wahre Leben in Gott")
Ich glaube, es ist auch an der Zeit, dass wir aufhören, unserem Herrn immer wieder ein neues Gethsemane zu bereiten. Laßt uns statt dessen das Haupt unseres Herrn mit Girlanden der Liebe schmücken. Ich möchte schließen mit der Aussage, daß die Einheit nur dann kommen wird, wenn wir alle beginnen werden, Jesus Christus wahrhaft zu lieben. |