Das Nahen Meines Engels (Fortsetzung)
Angriffe Satans
Ehe ich in diesen Abschnitt hineingehe, möchte ich schreiben, was P. Marie-Eugen in seinem Buch»Ich bin eine Tochter der Kirche über dämonische Angriffe sagt:
„Was auf dem Spiel steht in dieser Begegnung zwischen dem Menschlichen und dem Göttlichen, der Reinheit Gottes und der Unreinheit der Seele, ist zu wichtig für den Teufel, als daß er nicht mit aller ihm verfügbaren Gewalt dazwischenfahren würde. Doch nur kurze Zeit – und die durch die dunkle Nacht geläuterte Seele wird sicher sein vor seinen Angriffen, und sie wird für ihn etwas Fürchterliches sein. Daher bedient sich der Teufel seines Vorteils, den er wegen ihrer Unreinheiten und ihrer Bindung an die Sinne noch besitzt. Der hl. Johannes vom Kreuz bemerkt, daß der Böse seine Stellungen auf dem Weg, der von den Sinnen weg und hin zum Geist führt, mit großer Schlauheit verteidigt.“
(Aus: »Lebendige Flamme«, Johannes v. Kreuz)
„Die Dunkelheit dieser Regionen, die Verwirrung der Seele, die durch die Neuheit ihrer Erfahrungen und die Intensität ihres Leidens durcheinandergebracht ist, schafft besonders günstige Bedingungen für das Eingreifen des Fürsten der Finsternis und der Lügen.“
Bei gewissen äußeren Anzeichen von Ruhe und tiefer Stille in den Sinnen errät der Teufel leicht, daß die Seele göttliche Mitteilungen erhält. Unser mystischer Lehrer sagt darüber:
„Von den Gunstbezeugungen, die durch einen guten Engel kommen, erlaubt Gott dem Feind für gewöhnlich Kenntnis zu nehmen: teils deshalb, damit er dagegen etwas unternehmen kann, soviel immer er vermag, innerhalb gewisser Grenzen, nach dem Maß dessen, was gerecht ist, und nicht rechtens behaupten kann, daß ihm keine Gelegenheit gegeben werde, die Seele zu erobern, wie er es hinsichtlich des Hiob behauptete.“
(Aus: »Dunkle Nacht«, Johannes v. Kreuz)
„Solcherart sind die Tatsachen in der Frage der dunklen Nacht des Geistes sowie der Ursachen, die sie hervorbringen. Diese Nacht ist Begegnung oder eher noch wahrer Kampf zu nennen, der von der liebevollen Weisheit vorgesehen ist. Gott errichtet Seine vollkommene Herrschaft in der Seele erst, nachdem ihre Ungeeignetheit für das Göttliche von ihr weggenommen und alle Kräfte des Bösen, die Macht über sie haben, besiegt sind.“
Das sei gesagt zum besseren Verständnis des Lesers, weshalb Gott dem Satan hier Freiraum gewährt.
Gleich nachdem ich diesen wundervollen Tag mit unserem Vater im Himmel verbracht hatte, brach die ganze Wut der Hölle aus. Auf eine sehr wütende Art griff mich Satan an. Das erste, was ich von ihm hörte, klang mehr wie das Geheul eines wilden Tieres als der Ton einer Stimme. Dieses Geheul schien zu sagen: „Geh!“ – „Geh!“ bedeutete wohl, daß ich aufhören solle, mit meinem Engel und mit Gott die Verbindung zu pflegen. Völlig verärgert wandte ich mich nach allen Seiten auf der Suche nach meinem Engel, doch Satan schien ringsum allen Raum eingenommen zu haben und begann mir voller Gehässigkeit alle möglichen Namen anzuhängen. Er verursachte dabei in meiner Seele solche Qual und solchen Schrecken, daß ich daran hätte sterben können, ja wohl auch gestorben wäre, wäre es nicht so gewesen, daß Gott noch einen Plan für mich hatte. Eine solche Wut hatte ich nie zuvor verspürt. Ich befahl ihm zu weichen, was seine Wut aber noch mehr zu steigern schien. Es war wie das Rasen eines Verrückten. Schäumend vor Wut und wie einer, der völlig den Verstand verloren hat, brüllte er mit sehr heiser krächzender Stimme: „Wie? Verschwinde von hier, du H … – weg, oder das Höllenfeuer macht dir den Garaus!“ Ich hörte mich ihm antworten: „Nein!“ Mit meinem Nein meinte ich, daß ich weder die Gegenwart Gottes noch meinen Engel jemals verlassen werde. Er fauchte dagegen, daß ich verdammt sei, und gab mir alle möglichen schmutzigen Schimpfnamen.
Es ist schwierig, die Qual zu beschreiben, die der Teufel in die Seele eingießen kann. Dieses Phänomen ist etwas, das einem geschieht und das sich nicht beherrschen läßt, obwohl die Logik des Verstandes dir sagt, daß du dennoch nicht verrückt bist. Diese Qual kam gewöhnlich in Schüben, denn als ob Satan selbst nicht genug wäre, sandte er noch andere Dämonen, mich anzugreifen. Wenn sie ihren Angriff starteten, dann kam etwas ganz Schreckliches auf, das in mir heranwuchs und nichts mit äußerlicher Furcht zu tun hat. Es war ein Gefühl, das ich aber nicht von mir weisen konnte.
Mein armer Engel konnte mir in diesen schrecklichen Augenblicken, Augenblicke, die mich manchmal glauben ließen, ich würde den Verstand verlieren, nur ein Wort zurufen: „Bete!“ Ich betete und bat meinen Engel, mir aus diesem Erlebnis herauszuhelfen, denn es schien endlos zu dauern.
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